Kein Japanisch, Kein Handwerker

Auszüge
aus dem Artikel von Stefan Mertlik der BADISCHEN ZEITUNG vom 5. Januar 2021

„Am 5. Januar 1981 kam die erste Delegation aus dem japanischen Nagai nach Bad Säckingen. Zwei Jahre später gingen beide Städte auch offiziell eine Partnerschaft ein. Regine und Peter Haußmann von der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Freundeskreis Nagai – Bad Säckingen haben sich von Beginn an für den kulturellen Austausch zwischen den Ländern eingesetzt. 40 Jahre nach dem ersten Besuch aus Japan erinnert sich das Ehepaar an diese Zeit zurück.

Zwei Zahnärzte, vier Lehrer, vier Beamte und eine Studentin reisen am 5. Januar 1981 nach Bad Säckingen – im Gepäck ihre Skiausrüstung. Anfangs lief alles über den Skiclub.

Regine Haußmann … sieht in der noch jungen Freundschaft zwischen den Städten aber auch die Chance, einen kulturellen Austausch zu befeuern. Unter der Schirmherrschaft von Landeswirtschafts-minister Rudolf Eberle organisiert sie im Juli 1981 die Ausstellung „Volkskunst aus Japan“ im Bad Säckinger Trompeterschloss. „Sogar japanische Zeitungen haben darüber berichtet“, sagt Regine Haußmann. Die Begeisterung des Ehepaars für Japan gipfelt am 21. Januar 1986 in der Gründung des Freundeskreises Nagai – Bad Säckingen, den Regine Haußmann von Juni 1986 bis 2002 als Präsidentin führte. Seit 2011 leitet Peter Haußmann den Verein, der mittlerweile 174 Mitglieder zählt.

Die zarte Pflanze der Freundschaft

Im Dezember 1980 – also kurz vor dem ersten Besuch der Japaner in Bad Säckingen – schrieb BZ-Redakteur Klaus Schneidewind: „Der Wunsch der Japaner geht dahin, einen regen Informationsaustausch etwa auf kulturellem, gewerblichem und industriellem Bereich aufzubauen und freundschaftliche Bande zwischen der Bevölkerung zu knüpfen.“ 1977 und 1979 besuchen deutsche Sportler zusammen mit Fritz Gisy, Zweiter Vorsitzender des Badischen Sportbundes, die japanische Stadt. Gisy regt die Kontaktaufnahme zwischen Nagai und Bad Säckingen an. Daraufhin entwickelt sich ein reger Briefwechsel zwischen der Bad Säckinger Stadtverwaltung und dem Nagaier Bürgermeister Itaro Saito. Bei der Begrüßung der ersten Delegation aus der Stadt der Blumen und des Grüns wählt der damalige Bürgermeister Günther Nufer metaphernreiche Worte: „Ich hoffe und wünsche, dass die zarte Pflanze der Partnerschaft, die wir heute in den winterlichen Boden setzen, zu einem kraftvollen, lebensstarken Baum der Freundschaftschaft zwischen Nagai und Bad Säckingen emporwächst.“
1982 reist Regine Haußmann zusammen (unter anderen) mit Bürgermeisterstellvertreter Friedrich Baumgartner als erste deutsche Delegation aus Bad Säckingen nach Nagai. „Die Japaner besuchen uns dreimal häufiger als wir sie“, sagt Regine Haußmann. Allerdings liegt das nicht am Unwillen der Deutschen. „Einladungen aus Nagai sind rar gesät.“ Dennoch kommt es gerade in den Achtzigerjahren zu vielen Reisen. Gärtnerinnen und Judokas besuchen Japan, Lehrer und Köche kommen nach Bad Säckingen. Damals unterstützt die Stadt Austausche noch finanziell. „Heute kann sich das Bad Säckingen leider nicht mehr leisten“, sagt Regine Haußmann.
2013 war Peter Haußmann (mit der 9. Städtischen Delegation) … in Japan. Eine geplante Olympia-Reise fiel wegen Corona aus. Doch mit dem Verein holen sie die japanische Kultur einfach nach Deutschland. Kalligrafie-Seminare, Kochkurse und Lesungen stoßen auf großes Interesse bei ganz Jung und Alt. Nur an die Jugendlichen kommen sie schwer heran. Durch Zeichentrick und Videospiele steht Japan aber gerade bei jungen Erwachsenen hoch im Kurs. „Wir müssen erstmal Leute finden, die das können“, sagt Peter Haußmann. „Im Verein gibt es viele junge Menschen, doch die interessieren sich vor allem für die Sprache.“
Einiges hat sich in den vergangenen 40 Jahren verändert. Landflucht ist auch in Japan ein großes Thema. Als sich die Freundschaft beider Städte entfaltete, lebten noch 33 000 Menschen in Nagai. Heute sind es rund 26 000. „Im Rathaus gibt es deshalb eine Heiratsvermittlung“, sagt Peter Haußmann.
Am 21. Januar wird der Freundeskreis Nagai – Bad Säckingen 35 Jahre alt. Und wie die Nagaistraße im Schöpfebachtal gehört auch der Verein fest zur Trompeterstadt. Das schätzen auch die Japaner. Als eine der ersten Frauen überhaupt erhielt Regine Haußmann für die Förderung der freundschaftlichen Beziehungen den Orden des Heiligen Schatzes von der japanischen Regierung.“
https://www.badische-zeitung.de/vor-40-jahren-kam-die-erste-japanische-delegation-nach-bad-saeckingen